Das Motiv setzt sich aus drei Elementen zusammen: einem Wohnwagen, einem LKW und einem Haus. Er verweist auf die statischen, nomadischen und kommerziellen Momente städtischen Lebens. Zoer greift dabei die Erzählungen aus der Lichtstraße auf, die den Wandel und nomadischen Zyklus der Kunst und Kultur einer Stadt beschreiben, und nutzt das zentrale Festival-Motiv der »urbanen Assemblage« in der Bildkomposition.
Im Gegensatz zu den relativ »wilden« und unbesetzten Stadt- und Straßenräumen rund um die Hütten- und Liebigstraße ist der Ort, an dem ZOER aka Frédéric Battle sein Mural während des Festivals 2019 realisierte, ein in vielerlei Hinsicht übervoller Platz, für den stetiger Wandel praktisch zur Normalität geworden ist: geprägt durch ihr reiches Industrieerbe, ist die Lichtstraße mit ihren vielen alten Fabrikhallen und verwinkelten Hinterhöfen seit langem ein Biotop für unzählige Kulturakteure, die hier Ateliers, Galerien, Clubs und Konzertlocations geschaffen haben. Von der künstlerischen Prägung der Straßen zeugen dabei nicht nur die vielen Murals, die hier im Laufe der letzten Jahre bereits entstanden sind, sondern auch die vielen Graffitis, Paste-ups, Sticker, Kacheln und Stencils, die den gesamten Straßenzug säumen. Vom kreativen Freigeist dieses Ortes angelockt, drängt es seit Jahren auch Gebäudeentwickler in die Lichtstraße, die alte Industriegemäuer sanieren und nicht selten in teure Büroflächen verwandeln. Die Vielzahl der Akteure und insbesondere der »Entwickler« sorgt für einen Druck, der immer öfter zu Verdrängung führt.
Ähnlich wie auf dem angrenzenden Helios- oder dem Güterbahnhofsgelände müssen lang etablierte Kulturräume dem Druck des Kapitals zunehmend weichen. Auch die Fläche, an der ZOER sein Mural gestaltet hat, ist Zeuge dieser Entwicklungen: 2013 bereits durch die Street Art Künstlerin Tika im Rahmen des CityLeaks Festivals gestaltet, wurde sie im Zuge der Komplettsanierung des Gebäudekomplexes und der folgenden Ansiedlung diverser Agenturen wieder überstrichen. Die neue Gestaltung der Wand kommt daher nicht umhin, diesen ständigen Wandel auf und um ihre Oberfläche herum aufzugreifen und kritisch zu reflektieren. ZOERs Mural greift drei typische Elemente urbaner Transformation auf und macht damit manifest, was das komplizierte und ungemein dynamische Geflecht des städtischen Wandels allzu oft verbirgt: aus der Fassade treten ein Wohnwagen, ein Umzugstransporter und ein zum Einzug fertiges Einfamilienhaus hervor bzw. prallen hier aufeinander – Spiegel und Allegorie der atemberaubenden strukturellen Umverteilung von Wohn- und Arbeitsraum entlang der Lichtstraße und ihrer unmittelbaren Umgebung.